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Logistikimmobilien und die Standortkonkurrenz zu Rechenzentren: Ein Spannungsfeld

Ein Gastbeitrag von Marco Mendes, COO der Logivest Gruppe

In den nächsten Jahren plant Amazon in Deutschland mehrere Milliarden Euro in Rechenzentren zu investieren. Und das ist kein Einzelfall, denn die fortschreitende Digitalisierung steigert auch den Bedarf an IT-Infrastruktur.

Immer mehr Cloud-Anbieter investieren in riesige Hyperscale-Rechenzentren. Aber auch kleinere Varianten wie zum Beispiel Colocation-Rechenzentren, die Serverraumkapazitäten vermieten, Edge-Rechenzentren zur Deckung von lokalen Bedarfen oder Unternehmensrechenzentren, die die IT-Infrastruktur von Konzernen beherbergen, bauen ihre Kapazitäten aus. Und treten damit als Flächensuchende in direkte Konkurrenz zur Logistik.

Flächenverfügbarkeit und infrastrukturelle Anforderungen

Gerade in urbanen Regionen und Ballungsgebieten sind großvolumige Freiflächen zur logistischen Nutzung Mangelware. Seit Jahren übersteigt die Nachfrage das Angebot, und Neuausweisungen werden von den Kommunen meist nur zögerlich angegangen. Mit dem Rechenzentren-Boom betritt nun ein Mitbewerber den Markt, dessen Standortkriterien in vielen Punkten dem eines Logistikstandortes entsprechen.

So benötigen gerade Hyperscaler große zusammenhängende Grundstücke ab circa vier Hektar. Aufgrund der Flächengröße und der guten Infrastruktur sind für Rechenzentren auch ehemalige Produktionsstandorte interessant. Die Konkurrenz bezieht sich also nicht nur auf Greenfields, sondern auch auf Brownfields.

Wichtigstes Standortkriterium für ein Rechenzentrum ist jedoch eine zuverlässige Stromversorgung, die gerade bei hochautomatisierten Logistikzentren ebenfalls elementar ist. Stromnetze und -preise sowie eine möglichst kurze Entfernung zu einem Umspannwerk sind auschlaggebend für eine Standortentscheidung. Denn ein Hyperscaler, wie ihn beispielsweise Amazon plant, kann einen Strombedarf von mehr als 100 Megawatt haben. Eine enorme Herausforderung, der auch mit dem verstärkten Ausbau regenerativer Energien begegnet werden muss. In diesem Zusammenhang gewinnt das Thema Nachhaltigkeit, das bei Logistikimmobilien auch aufgrund von ESG und Reportingpflichten ganz oben auf der Agenda steht, bei Rechenzentren an Relevanz. Bis 2030, so die Vorgabe der EU, sollen Rechenzentren klimaneutral sein. Das heißt gerade in puncto Strom spielen beispielsweise Photovoltaikanlagen sowohl auf Logistikimmobilien als auch auf Rechenzentren eine große Rolle.

Unterschiede bei den Standortkriterien gibt es hingegen in Bezug auf das Thema Datenübertragung. Rechenzentren müssen Konnektivität bereitstellen – und dies mit minimaler Latenz. Das bedeutet, dass neben der Nähe zu einem Internetknoten der Standort vor allem über ausreichend Glasfaserkapazität verfügen muss. Ein Faktor, der bei Logistikimmobilien derzeit noch weniger ins Gewicht fällt. Im Gegenzug ist für die Logistik eine gute Verkehrsanbindung elementar. Eine direkte Autobahnanbindung, im Idealfall sogar eine trimodale Anbindung mit zusätzlich Zugang zu Wasser und Schiene, sind für die Logistik der wohl wichtigste Standortfaktor, während Datacenter hiervon unabhängig sind – im Gegenteil. Rechenzentren dürfen aus Sicherheitsgründen gar nicht in der Nähe von Bahngleisen oder auch Flughäfen untergebracht sein.

Konkurrenzsituation und Marktauswirkungen

Ob Flächengröße oder Infrastruktur – viele der aufgeführten Standortkriterien unterstreichen das Spannungsfeld zwischen Logistikimmobilien und Rechenzentren, und auch der Markt wird auf die direkte Konkurrenzsituation bei der Flächennachfrage reagieren. Der wachsende Nachfrageüberhang könnte insbesondere in den Ballungsgebieten die Grundstückspreise weiter in die Höhe treiben. Die Folge sind dann steigende Mietpreise und letzten Endes die Frage, wer diese bezahlen kann. Der Gewinner wird – aufgrund seiner hohen Profitabilität – in den allermeisten Fällen das Rechenzentrum sein. Logistikunternehmen werden hingegen ihre Standortstrategien entsprechend anpassen und in periphere Gebiete ausweichen.

In Berlin Lichtenberge entsteht beispielsweise auf einem Brownfield derzeit Berlins größtes Datacenter. Ursprünglich als gemischt genutztes Quartier geplant, entsteht in der überwiegend industriell geprägten Umgebung nun ein riesiges Rechenzentrum mit Investitionskosten von rund einer Milliarde Euro. Weiterer Pluspunkt: Die Abwärme des künftigen “Bluestar” kann entweder in das Fernwärmenetz eingespeist oder für die umliegenden Wohnquartiere und Gewerbeeinheiten genutzt werden.

Vom Spannungsfeld zur Integration

Die Standortkonkurrenz zu Rechenzentren ist eine komplexe Herausforderung, die sich durch die Digitalisierung weiter verschärfen wird. Statt Ausweichbewegungen und Standortverlagerung könnte dieser jedoch auch mit innovativen Lösungsansätzen begegnet werden. So sind beispielweise integrierte Projekte, bei denen sowohl Logistik- als auch Rechenzentren nebeneinander existieren und mehrstöckige Immobilien gemeinsam nutzen, denkbar. Flächeneffizienz und Nachhaltigkeit statt ständige Konkurrenz wäre also eine Vision für die Zukunft, die für beide Seiten zu einer Win-win-Situation werden kann. 

Dieser Beitrag ist auch als Gastbeitrag in der DVZ erschienen.

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